Mittwoch, 22. Mai 2013

Hamburg - Wiedersehen mit einer alten Bekannten: alte Geschichten, neue Wege - Michaelis-Viertel und mehr

Wenn man alte Freunde oder Bekannte trifft ist es oft ein herzliches und schönes Wiedersehen und man kommt irgendwann ins Erzählen. Und dann kann etwas passieren, was nicht SOOO schön ist. Man hört immer die gleichen alten Geschichten. Und das Wiedersehen verliert an Würze und an Geschmack, weil man im Alten bleibt und sich nichts Neues über sich erzählt, nicht den anderen weiter "entdeckt" - so kann es einem auch in einer Stadt ergehen, zB auf einer Stadtführung!
Ich finde Stadtführungen für Neuentdecker sehr schön, die erste Runduminformation und dann kann man sich treiben lassen. Aber für Menschen die manche Touri-Hochburg einer Großstadt mit Flair schon zu genüge kennen wird es schnell öde. Nun ist bei einer Gruppenreise die obligatorische Stadtführung kaum zu vermeiden und ich hatte Glück, denn sie begann an der Kirche St. Michaeli und ich hatte meine Entdeckung des Tages: das Michaeli-Viertel. Wo das ist? Tja, wenn ich der Führerin Dani glauben kann, fragen das die meisten Touristen auch und sie fragen ebenso: "St. Michaeli? Was ist das denn für eine Kirche?" - Es ist der Hamburger Michel.
Und den kennt wiederum jeder. Auch ich bin schon viele Male an ihm vorbei gelaufen. Habe ihn als Orientierungspunkt genutzt. Drin war ich noch nie. Jetzt schon, aber nicht mit dem Touristenstrom im eigentlichen Kirchenraum und auf den Turm (so war mein Vorsatz) habe ich es leider in den Tagen auch nicht mehr geschafft.
ABER: ich war in der Krypta. Sie ist Ausstellungsraum und Kirchenraum zugleich. Ein so niedriger Raum, dass es bedrückend wirken kann. Groß mit einer seltsamen "Weite". Sie ist gar nicht so alt, wie ich es bei einer Krypta vermutet hätte, aber auch die Geschichte des Michel ist nicht vergleichbar mit alten Kirchen, deren Vorgängergeschichten sehr lange zurückreichen. Der alte und erste Michel stammte aus der Zeit von 1647 - 1669. Diesem Notbau folgte nach einem Brand dann der neue Michel. Aber auch dieser brandte ab, wurde aber wieder errichtet: wie wir ihn in der Erscheinungsform auch heute kennen. Auf Wunsch der Bevölkerung und nicht ohne Diskussionen wurde der Michel gemäß dem Vorgängerbau wiedererrichtet. Er war schon zum Wahrzeichen der Stadt geworden und bot den Seefahrern einen wichtigen Orientierungspunkt mit seinem 132 Meter hohen Turm. Übrigens ist die Turmuhr etwas besonderes: sie ist die größte ihrer Art in Deutschland und der große Zeiger misst fast 5 Meter! Beeindruckend sind die alten Zeiger, die (!) in der Krypta aufbewahrt werden ;-)
Die Barockkirche gibt einem Viertel den Namen, dass nicht unbedingt das touristischste oder beeindruckendste, aber ein schönes Viertel ist: das Michaeli-Viertel. Dort findet sich (und jetzt muss ich hoffen, dass die Stadtführerin gut war) der heute älteste Jazz-Club Hamburgs, der Colton Club. Einen kleinen Marktplatz hat der Stadtteil auf dem zwei mal die Woche ein klassischer Wochenmarkt stattfindet. Kleine Cafes und Kneipen finden sich am Platz, auf dem lt Hamburger Überzeugung 1949 die Curry-Wurst erfunden wurde - ein Jahr früher als die Berliner "ihre" Erfindung zeitlich ansetzen ;-) Kleine Rangeleien unter Großstädten. In der Nähe des Großneumarktes gibt es eine nette Ecke, die aber auch ein Kuriosum ist. Die PETERSTRASSE. Wer dort hin kommt (die Straßen: Hütten und Neanderstraße) wird ins großbürgerliche Wohnen des 17. bis 18 Jhds versetzt. Es scheint als hätte dort Stadtrestaurierung des Feinsten stattgefunden. Aber weit gefehlt: man hat in den 60ger Jahren ein Areal genutzt, um Häuser nachzubauen, die eigentlich an ganz anderer Stelle standen und wollte so einen Einblick über Wohnen im 18 Jahrhundert vermitteln. Alles wurde detailgetreu rekonstruiert und unter Denkmalschutz gestellt. In diese Häuserreihe platzierte man zwei kleine Museen, die große Männer der Stadt ehren und würden: Brahms und Teleman. Wer eh im Michaelis-Viertel umherwandert sollte ruhig einmal in der Peterstraße vorbei gehen...
Das Michaeli-Viertel lohnt einen Spaziergang jenseits von hippen Shopingtouren im Schanzenviertel oder der nächtlichen Tour in St. Pauli. Mal etwas anderes - rund um den Michel.
Ein nettes Anekdötchen von der Stadtführung, dass ich mir merken konnte: Es gab im Mittelalter in Hamburg mehr als 400 Brauereien. Noch heute ist die Holstenbrauerei bundesweit bekannt (sie macht auch Astra - DAS Bier der Hamburger).  Hamburg im Mittelalter, die Stadt der Fleete (die kleinen Alsterarme, in denen sich auf wässrigem Boden die Stadt ausbreitete) war bestimmt kein erholsames Kleinod. Meine Vorstellungskraft setzt irgendwann aus, wenn ich bedenke, dass das Wasser der Fleete von ALLEN Hamburgern sowohl zur Versorgung als auch zur Entsorgung genutzt wurde. Und nun zu den Brauereien - jaaaa, genau! Sie bezogen (alle 400) das Wasser zum Brauen des Bieres, dass anschließen an alle möglichen Orte verschifft wurde, AUS DEN FLEETEN - ich möchte nicht wissen, welche besondere "Würze" das mittelalterliche Bier hatte ;-)
Prost! Alsterwasser schmeckt aber heute ganz lecker (Bier mit Zitronenlimonade - in anderen Gegenden als Radler bekannt).
Übrigens: in Hamburg kann man auch hervorragend auf dem Strich gehen! ? :O Ja, denn die Stadt hat einen selbst zu erkundenden Stadtrundgang mit einem roten Strich markiert, dem der eigenständige Tourist folgen kann und an markanten Stellen hängen Infotafeln. Gute Idee: der Hummel-Bummel durch die Neustadt. Info´s gibt es hier:
http://www.hamburg-magazin.de/stadtinformation/stadtfuehrungen/stadtrundgaenge/artikel/detail/ungefuehrter-stadtrundgang-der-hummel-bummel.html

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