Mittwoch, 22. Mai 2013

Hamburg - Wiedersehen mit einer alten Bekannten: Elbphilharmonie und Hafencity - Neu, teuer und beeindruckend

Es gibt immer was Neues. Wo sich nichts tut, wo es keine neuen Geschichten zu erzählen gibt, da ist einfach irgendwann die Luft raus.
Bei meinem Hamburg - Besuch war die Luft eigentlich nie raus! Und schon gar nicht an dem Tag, der mich zu Lande und zu Wasser DEM neuen Stadtteil nahebrachte: der Hafencity!
In meiner Gruppenreise gab es die Möglichkeit die Baustelle der Elbphilharmonie zu besichtigen. Ich habe mich nicht angemeldet, was sollte ich auf einer Baustelle? Und mit dem Eintrittsgeld auch noch einen Bau unterstützen, dessen Finanzierung gerade in schwindelerregende Höhen von 789 Millionen Euro (Stand April 2013) gestiegen ist? Nein. Nicht mit mir ;-)
Aber man kann sich der Faszination dieses architektonischen Projektes einfach nicht entziehen. Auch wenn man sich den Gang über die Baustelle spart.
Bei einer Hafenrundfahrt konnte ich vom Wasser aus beeindruckende Blicke auf das 110 Meter hohe Gebäude werfen. Und später dann, als mich mein Rundgang zur Hafencity führte, setzte sich die Faszination fort. Ein Luxusgebäude. Ein Prestige-Objekt. Ein "Kunst-Ort" im wahrsten Sinne des Wortes. Kunst soll sich dort ereignen: in der Philarmonie mit ihrem großen Konzertsaal (2.150 Plätze) und zwei kleineres Sälen. Kunst ist auch der eigentliche Bau, der mit dem Erscheinungsbild eines Backsteinbau´s bis zur 6. Etage sich in die alte Struktur der Stadt einpasst und mit dem gewagten und futuristischen Aufbau der restlichen Etagen den Sprung in eine neue Zeit wagt. Blickt man aus Richtung Wasser oder Landungsbrücken auf die Elbphilharmonie erblickt man einen schlangen Bau, der sich ins Wassser zieht. Steht man in der Hafencity vor dem Gebäude erscheint man sich selbst klein und unbedeutend ob der Größe, Breite und Massivität des Hauses.
Schon allein das ist beeindruckend. Nichts schein "gleich". Die Hamburger Stadtführer (und sicher nicht nur sie) nennen den Bau Hamburgs ElbDISHarmonie ;-) Tja... vieldeutig.
Hingezogen zu diesem waghalsigen Projekt der Stadt Hamburg hat mich eine Ausstellung:
re - rite Du bist das Orchester! Multimediale Ausstellung im Kaispeicher der Elbphilharmonie.
Eine irre Ausstellung die leider nur vom 8. - 29 Mai 2013 läuft. Wer also noch ganz spontan nach Hamburg fährt: DAS LOHNT MAL WIEDER.
Eigentlich hat die Ausstellung mit dem Haus nicht wirklich etwas zu tun. Die Ausstellung ermöglich ein Hineintreten in ein Orchester. Dem Besucher wird ermöglicht, Musik und Instrumente, Aufbau und Intensität des Miteinanders auf sehr ungewöhnliche Art miterleben zu können. Esa - Pekka Salonen hat mit den Londoner Philharmonikern Strawinskiys Werk "Le Sacre du printemps" für dieses Projekt gespielt. Die Aufführung wurde von 29 Kameras gefilmt und diese Aufnahmen unterlegt mit der Originalmusik sind die eigentliche Ausstellung. Der Besucher bewegt sich durch deine Ebene des späteren Parkhauses der Elbphilharmonie. An unterschiedlichen Orten werden Einzelaufnahmen bestimmter Instrumentengruppen gezeigt. Infotafeln erläutern kurz und knapp die Stellung des Instrumentes im Gesamt des Orchesters. Beeindruckend gelungen ist der Klang der Musik in diesem Gebäude. Wer dieses eigene Kunstwerk von Lautsprecherinstallation vollbracht hat gehört selbst geehrt! Ich hatte ständig das Gefühl "in der Musk" mich zu bewegen.
Man ist eingeladen (mit bequemen Sitzgelegenheiten) die einzelnen Blickwinkel der Kameras auf die Musiker zu betrachten und die großartigen Aufnahmen ermöglichen es dem Betrachter Einsätze der Musiker zu sehen und zu hören und ein Gefühl für das Zusammenspiel zu bekommen. Noch dazu ist die Musik mehr als beeindruckend. Mit ihr schließt sich denn auch der Kreis zur Elbphilharmonie:
Strawinskys Stück "Le Sacre du printemps" war ein Skandalstück. Die Uraufführung war begleitet von empörten und wütenden Reaktionen des Publikums und der Kritiker. Es dauerte, bis die Musikwelt die revolutionäre Kraft dieser Musik, des Einsatzes der Instrumente, der "Sprache" der Komposition verstand... Übrigens: Uraufführung war am 29. Mai 1913 in Paris - also ist diese Ausstellung vielleicht auch ein Geschenk zum 100ten Geburtstag eines Musikstückes, dass mit seiner Explosivität als Geburtstunde der musikalischen Moderne gilt. (Bei der Premiere gab es sogar Schlägereien!) So wie Strawinsky eine Marke in der Musik setzte soll das Gebäude der Elbphilharmonie als Konzerthaus eine neue Ära einläuten. Wir werden sehen...
Sie bildet eine Art architektonisches Zentrum der Hafencity, des neuesten Stadtteils Hamburgs. Ein mutiges Projekt. Ein spannendes Viertel. Wenn man durchspaziert (und es ist erst 1/3 fertig gestellt) kann man erahnen, dass dort ein neuer Magnet dieser Stadt entsteht. Es gibt ganz klare Bauvorschriften für die Wohn- und Bürogebäude die dort entstehen und schon in einer beeindruckenden Vielseitigkeit entstanden sind. Jedes Haus hat seinen eigenen Charakter und es ist einfach nur interessant herumzulaufen und zu schauen. Nackenstarre inbegriffen, weil man immerzu nach oben schaut, auf Fassaden und beeindruckende Details. Die U-Bahn-Linie 4 fährt auch schon in dieses neue Zentrum des Lebens. Leben? Bis jetzt wohnen dort etwas über 2000 Menschen. Es sollen mal 10 mal so viele werden. Hat alles angefangen mit Luxuswohnungen und hohem Standard merkt die Stadt so langsam, dass der neue Stadteil mehr braucht: Normalität. Und hier wird nun auch baulich gelenkt und die Weichen für einen auch familienfreundlichen Stadtteil geschaffen. Eine Schule gibt es schon und auch eine Kita! Bäckereien, eine Apotheke, Reinigung und einen kleinen Supermarkt - das alles konnte ich bei meinem Rundgang schon entdecken. Und VIELE Büros - an einem Werktag ist die Hafencity belebt. An einem Sonntag bevölkert - von Touristen.
An der kleinen Promenade, die sich vom der Philharmonie Richtung Unilever-Haus zieht gibt es zahlreiche Cafe´s und kleine Restaurants und die Meile lädt schon jetzt zum verweilen und betrachten. Auch wenn man auf den Hafen mit Krähnen und Werfteindrücken blickt - wieder ein Kuriosum...
Eine Kirche wird es nicht geben im Hafenviertel. Die Hamburger christlichen Kirchen haben sich für ein ganz anderes Projekt entschieden: das ökumenische Forum Hafencity. Ein Veranstaltungsort, ein Netzwerk, ein Anlaufpunkt, aber keine Gemeinde. In der Shanghai-Allee haben die Kirchen gemeinsam ein Haus gebaut und dort dieses neuartige Projekt installiert: Büro´s für kirchliche Einrichtungen, im Erdgeschoss eine Kapelle die einen Ort der Ruhe und Einkehr bilden soll, einen Info-Point, ein öffentliches Cafe (Weltcafe mit kleiner aber feiner Speisekarte, Kuchen, fair gehandelten und ökologisch hergestellten Produkten...) und eine ökumenische Wohngemeinschaft in den 25 unterschiedlich großen Wohnungen, deren Bewohner dieses Projekt ehrenamtlich tragen. Übrigens sind diese Wohnungen teilweise geförderter Wohnungsbau. Der erste geförderte Wohnungsbau der Stadt in diesem Viertel. Denn bei einem Mietpreis von (gefördert!!!) 16€ pro Quadratmeter wird es für Familien schwer...
Die Hafencity wird Hamburg noch viel bescheren, da bin ich mir sicher und ab jetzt sollte sie zu den Must Have´s des Städtetouristen werden...
Wer einen großen Geldbeutel hat kann sich ja nach Fertigstellung der Elbphilharmonie in eines der 250 Hotelzimmer einmieten, im dort geplanten Hotel oder wer eine Zweitwohnung sucht: es werden 45 Eigentumswohnungen im Gebäude entstehen. - Mmh - der Qudaratmeterpreis übersteigt mein Denkvermögen! Ach ja: es soll wirklich schon eine Warteliste geben. Aber in Hamburg, so habe ich mir erzählen lassen, sollen ja auch die reichsten Leute Deutschlands leben ;-)

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