Mittwoch, 27. August 2014

Barcelona - Begegnung mit Herrn Gaudí...

Ich traf ihn schon vor zwei Jahren, diesen skurilen Kunsttypen. Schräg. Mit unglaublicher Vorstellungskraft. Wahnsinnig begabt, aber so abgefahren, dass viele ihn nur mit Höflichkeit bedenken...
Jetzt gab es ein Wiedersehen. Meinerseits war es geplant, ich wusste nur nicht, wann es dazu kommen würde. Gelungene Begegnungen kann man ja nicht erzwingen! Ich bin noch immer im Bann dieses Nachmittags.
Gestatten: Gaudí, Antonio Gaudi, 1852 - 1926. Genie, Künstler, Fantanst? Religiöser Fanatiker? Sicher war er menschlich eher von der schwierigen Sorte. Lebte 20 Jahre ALLEINE in der von ihm geplanten Gartenwohnanlage Parc Güell (weil er auch daran ewig baute), entwarf eine Kathedrale, die in ihren Ausmaßen (sollte sie denn im Jahre 2026 wirklich fertig gestellt werden) mit einem Hauptturm von 170 Metern alle europäischen Kathedralen in den Schatten stellen wird, baute und entwarf er Wohnhäuser in denen er seine, das "Normale" übersteigende, Vorstellungskraft verwirklichte.
Es ist also eine Begegnung der mittelbaren Art - ich treffe Gaudí in seiner Kunst. Ausgesucht habe ich mir die Casa Milà, bekannter als La Pedrera. Pedrera heißt Steinbruch und der Name steht für den Spott, mit dem die Menschen damals die Baustelle und auch dieses Werk Gaudís bedachten... heute spottet kaum jemand. Wenn auch sicher viele Besucher eher fragend sprachlos vor den Bauten stehen, muten sie doch teilweise an wie aus einer Fantasie- oder Märchenwelt, geht wohl kaum jemand unbeeindruckt von solchen Orten weg.
Die Dachterasse - unglaublich. Keine Stelle ist dort so wie eine andere. Kein Schornstein, kein Belüftungsturm sieht aus wie der andere. Ja, ich glaube gern, dass (angeblich) George Lukas hier für Star Wars vorbei geschaut hat...
Architektonisch jenseits aller damals (und grundsätzlich) angelegten Maßstäbe, finden sich keine geraden Linien, keine geraden Winkel, oft keine einheitlichen Höhen... Das bemerkt man im Appartement, der Wohnung die man besichtigen kann. Man kann es nicht beschreiben, man muss es gesehen haben! Im Dachboden - einem Gebilde in dem man sich fühlt wie im Gerippe eines Walfisches! - wird viel über Gaudís Art des Denkens und somit des Bauens erzählt.
Dieser Bau wirkt fast "organisch". Gaudí macht Anleihen in der Natur. Wenn man hinschaut nimmt man das auch wahr. Seine Formen sind angelehnt an natürliche Formen - Beispiel: die Türgriffe sind nicht "schön" gestaltet, sondern nach Abdrücken einer Hand, die etwas umfasst. So werden sie zu Kunst durch ihr ungewöhnliches Design und sind doch bequem und praktikabel. Nach den gleichen Prinzipien (Konstruktion des menschlichen Körpers) hat er auch Möbel entworfen. Seine Stühle sind schon bemerkenswert!
Alles scheint abgerundet in diesem Haus und somit sanft und anschmiegsam. Fast friedlich und abgehoben von den Ecken und Kanten des Lebens.
Ihr merkt: ich bin wirklich begeistert! Dachte ich vor zwei Jahren noch: Gaudí ist ein verrückter aber genialer Geist, denke ich heute: ja, sicher etwas fern der Welt, aber irgendwie großartig! Nicht viele Menschen verfügen über die Gabe in dieser Art das, was in ihrem Kopf an Vorstellungskraft ist, umzusetzen.
Und seine Dachbodenkonstruktion - sorry, vielleicht ist das ja übertrieben, aber mich lies dass an da Vinci denken.
Ich spreche also hier eine absolute Barcelona-Empfehlung aus: La Pedrera für alle, die Lust auf Extravaganz haben, die nicht befremdend abstößt, sondern einfach nur anhaltend beeindruckt und begeistert...
ach ja: zur Zeit wird die Außenfassade renoviert. Schade. Und preislich liegt dieses Gaudí-Bauwerk im Mittelfeld: incl. Audikommentar ist man mit 20,50€ dabei.
Gaudi starb übrigens 1926 nachdem er von einer Straßenbahn überfahren wurde. Bei diesem Unfall erkannte niemand den alten kautzigen Künstler, der seiner Stadt einmal soviel Ruhm, Weltkulturerbe und Touristen bescheren würde! Erst später merkte man, wen man da vor sich hatte. Er starb drei Tage später im Hospital in der Carrer del Hospital...

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